Vom 21. bis 29. Juli fand in Bergedorf die 30. Deutsche Senioreneinzelmeisterschaft statt. Als Neuerung wurden die Meisterschaften zum ersten Mal in zwei Gruppen, 50+ und 65+, ausgetragen, statt bisher in einer Gruppe 60+. Als Nebeneffekt führt das dazu, dass ich bisher wegen meines Alters nach früherem Modus noch nicht teilnehmen durfte, jetzt aber mit einem Schlag bei der ersten Teilnahme fast 10 Jahre zu „alt“ für 50+ bin. So kann´s gehen.
Für die Organisatoren war die Neueinteilung auch ein gewisses Wagnis, da nicht abzusehen war, ob die 50+ Gruppe ausreichend stark und zahlreich besetzt würde, da doch überwiegend noch berufstätige Spieler zur Zielgruppe gehören.
Die Bedenken waren unnötig, da 75 Spielerinnen und Spieler, darunter 9 Titelträger, an den Start in der Gruppe 50+ gingen.
Für ausführliche Informationen zu Teilnehmern , Ergebnissen, Ranglisten und Bildern bitte bei der DSEM nachsehen. Dort finden sich auch alle Daten zur größeren Turniergruppe 65+. Am interessanten Rahmenprogramm mit einer Vielzahl von Führungen und Besichtigungen konnte ich nicht teilnehmen, da die Termine für Begleitpersonen geplant wurden und in den Zeiten der noch laufenden Partien liegen konnten.
Der Turnierfavorit IM Pirrot konnte am Ende nach Buchholzwertung vor FM Metz das Turnier gewinnen, beide Spieler erzielten 7,5/9, gefolgt von FM Namyslo und FM Dr. Reddmann mit je 6,5/9.
Meine Leistung im Turnier war bescheiden. Als 26. der Setzliste war ich gestartet, als 34. habe ich das Turnier beendet.
Das Turnier kann ich aus meiner Sicht durchgehend mit folgendem einfachen Satz beschreiben: Mit Weiß in den ungeraden Runden gegen schwächere Gegner (irgendwie) gewonnen, mit Schwarz in den geraden Runden gegen überwiegend stärkere Gegner verloren.
Die Eröffnungen in den Schwarzpartien funktionierten nicht, für die Anwendung eines neuen Systems in diesem Turnier war es wohl einfach zu früh. In zwei dieser Partien hätte ich Ausgleich oder brauchbares Gegenspiel im Mittelspiel haben können, aber hoher Zeitverbrauch in der Eröffnung und ungenaue Berechnung haben das dann doch verhindert.
Da ich fünf Weißpartien hatte, kam ich insgesamt auf 5 Punkte, aber wegen des Gegnerschnittes reichte das nur zu einem 34. Platz.
Mal sehen, was diese Erkenntnis mit den Schwarzpartien nun bedeuten soll, irgendetwas sollte ich ändern……
Während des Turnieres fand am 27.07. auch die Deutsche Seniorenblitzmeisterschaft statt, ebenfalls in diese beiden Gruppen eingeteilt. Zu diesem Turnier reisten „extra“ einige Spieler an, die dann auch überwiegend vorne in der Tabelle mitspielten.
Gespielt wurden 11 Runden bei 5 Minuten plus 3 Sekunden, was nach Verständnis einiger Blitzer schon Schnellschach oder zumindest Rentnerblitz ist.
In dem Blitzturnier funktionierten die so problematischen Eröffnungsvarianten mit Schwarz zu meinem Erstaunen recht gut, dafür war es mit Weiß etwas durchwachsen. 5,5 Punkte reichten am Ende zu einem 19. Platz, was meinem Gefühl nach den Partien auch in Ordnung ging.
Die oben erwähnten „zugereisten“ Spieler dominierten das Turnier: Sieger IM B. Schneider, Zweiter B. Engel, Dritter FM D. Paulsen vor FM H. Vatter.
Während des Turniers wurde von G. Meiwald auch ein Spielerabend abgehalten, wo es um die Belange des Seniorenschachs im Allgemeinen, kommende Turniere, sowie Besonderheiten des laufenden Turnieres ging. Für einen „Neueinsteiger“ im Seniorenschach waren die diskutierten Themen durchaus interessant. Viel wurde über die Modalitäten beim laufenden Turnier diskutiert, der Orga-Beitrag von 30 Euro und der Zwang zum Kauf eines Verzehrgutscheines von 60 Euro waren umstritten. DSB-Seniorenreferent G. Meiwald erläuterte ausführlich die Probleme beim Finden von geeigneten Austragungsorten und die teilweise problematischen finanziellen Forderungen der Veranstalter, weshalb die heftig diskutierten finanziellen Beiträge nicht zu vermeiden seien. Zum Beispiel verlangen Hotels für eine Saalmiete gerne mal 2000 bis 3000 Euro am Tag, Hotelbetrieb und Restauration/Veranstaltungsmanagement würden häufig eigenständig rechnende Betriebsteile sein. Daher wäre es einem Veranstaltungsmanagement „fast egal“, wenn 200 bis 300 Zimmer im Hotel belegt würden, wenn nicht durch geeignete Maßnahmen auch ein guter Umsatz für die Saalbewirtschaftung sichergestellt wird, was bei Schachspielern sonst ja häufig nicht gegeben ist.
Die Abrechnung mit den Verzehrgutscheinen war eine schlecht funktionierende und bürokratische Aktion. Mehrfach wurden bei mir und anderen Spielern zu hohe Gutscheinbeträge entwertet beim Verpflegungsstand im Turniersaal oder im Restaurant. Eine richtig schlechte Idee war es, wenn man im Restaurant des Hotels z. B. das Abendessen mit dem Gutschein begleichen wollte, was zwar vorgesehen war, aber in der Praxis wegen Überforderung des Personals überhaupt nicht klappte.
Nicht nur für mich war das Hotel und das Personal eine Enttäuschung bei diesem Turnier, nachfolgend einige Beispiele aus meiner persönlichen Wahrnehmung mit einer deutlichen Entscheidung am Ende.
Der Spielsaal war nur an den ersten beiden Spieltagen noch erkennbar klimatisiert, keine Ahnung, ob die Klimaanlage dann überfordert oder defekt war. In den Zimmern war es unerträglich, weil dort keinerlei Klimatisierung vorhanden war. Die Fenster hatten Markisen, die allerdings zentral gesteuert wurden, wobei es sicher war: Sonne kommt und Markise fährt hoch. Frage nach einer Abhilfemöglichkeit an der Rezeption, Antwort „Wir haben keinen, der sich damit auskennt.“
Das Hotelpersonal an der Rezeption war, na sagen wir mal nach meiner Einschätzung, „professionell uninteressiert“. Das muss man auch erst einmal hinkriegen, sich vermeintlich für Belange und Wünsche das Gastes zu interessieren und dann regelmäßig keine Aktion folgen zu lassen.
Die mitreisende Ehefrau eines Schachfreundes aus Schleswig-Holstein formulierte es zum Ende der Turnierwoche ziemlich treffend: „Das Hotel hat mindestens einen Stern zu viel.“
Ein paar Beispiele: Anwesenheit zur Anmeldung am ersten Turniertag bis spätestens 13 Uhr erforderlich, Zimmerbezug erst nach 15 Uhr möglich, man musste also ans Brett zur ersten Runde, ohne das Zimmer beziehen zu können und sich einmal frisch machen zu können, was bei den klimatischen Bedingungen einfach nicht schön war.
Einige Zimmer hatten keine Minibar, weil defekt und keinen Safe. Ich hatte vor der Anreise beim Hotel nach Zimmerbezugszeiten und Safe gefragt, und wurde in dem Glauben gelassen, dass es funktionieren würde.
Selbes Thema bei der Abreise am letzten Tag. Zimmer bis 12 Uhr verlassen, Runde fängt um 10 Uhr an, eine sichere Gepäckaufbewahrung wurde von der Turnierleitung zu diesem Tag angekündigt, nichts hat funktioniert. Die „Lösung „sollte dann sein, dass die Spieler, die an diesem Tag abreisen, ihr Gepäck mit in den Turniersaal nehmen sollten.
Wenig bis kein Entgegenkommen bei der Rezeption: Eine Late-Checkout wurde erst überhaupt nicht angeboten, dann sollte er 10 Euro kosten, erst auf erneute Nachfrage mit dem Hinweis, dass ein Zimmernachbar doch einen Checkout um 15 Uhr vereinbart hatte, half dann. Entgegenkommen oder Freundlichkeit? Vergiss´ es.
Im angegliederten Restaurant des Hotels war deutlich zu wenig Personal vorhanden, Bestellungen und die Anlieferung von Speisen und Getränken waren häufiger leider eher Glückssache. Wegen der Überforderung waren die Angestellten teilweise dermaßen pampig zu den Gästen, dass einem als Gast schon mal die Worte fehlten. Leider wollte man am Abend sich nicht noch auf den Weg in die Stadt machen, weil die Hitze jede Aktivität verhinderte. Deshalb war der Aufenthalt im Hotel dann doch häufig „erste Wahl“ am Abend, wo der Innenhof eigentlich ein ganz brauchbarer Ort an den Abenden hätte sein können.
Es könnte jetzt dem Leser bei dem Bericht über das Hotel die Gedanken kommen: „Da will ein wenig erfolgreicher Spieler von einem nicht sonderlich guten Turnierergebnis ablenken.“
Leider waren bei fast allen Spielern die Rahmenbedingungen das erste Gesprächsthema, und keiner schien auch nur annähernd zufrieden. Erschwerend kommt aus meiner Sicht dazu, dass der weitaus größte Teil der Spieler deutlich (!) älter war und dabei sicher noch viel mehr von den Umständen beeinträchtigt wurde als ich.
Der Tiefpunkt war dann, dass bei dem Blitzturnier keinerlei Getränkeversorgung angeboten wurde. Der Stand im Turniersaal blieb an diesem Nachmittag aus unerfindlichen Gründen bei wenig schattigen Temperaturen geschlossen. Ungefähr 100 Teilnehmer in beiden Gruppen mussten sehen, wie sie die gut 3 Stunden durchstehen sollten, da eine alternative Versorgung durch den Restaurationsbetrieb des Hotels wegen des faktisch nicht vorhandenen Personals scheitern musste. Einige Spieler aus der 50+ Gruppe waren so entnervt, dass sie unmittelbar nach Turnierende den Saal verlassen hatten und nicht mehr die anstehende Siegerehrung abwarteten. Mehrfach wurde von den Spielerinnen und Spielern geäußert: „Das hier ist eine Deutsche Meisterschaft? Das kann doch nicht sein (bei den Bedingungen).“
Abschließend muss ich für mich das Fazit ziehen, dass ich an diesen Turnierort, genauer in dieses Hotel, nie wieder zu einem Turnier gehen werde. Das ist eine Aussage, die ich sonst noch über kein einziges Turnier treffen musste.
Das Turnier, die Spieler und auch das sehr bemühte Organisationsteam hätten wesentlich bessere Umstände verdient.